JOACHIM BROHM “Areal“ (1992-2002)
12.03. – 17.04.2004, Eröffnung: Freitag, 12.03., 19 Uhr

In seiner zweiten Einzelausstellung in unserer Galerie zeigt Joachim Brohm (*1955) sein fotografisches Langzeitprojekt "Areal", in welchem er über einen Zeitraum von 11 Jahren (1992-2002) die Wandlung eines Industriegrundstückes in München zu einem Wohnpark beschreibt. In seinem dabei entstandenen Zyklus aus über 300 kleinformatigen Farbfotografien erfasst er in ebenso beiläufiger wie genau beobachtender Weise den Ort und seine Vielfalt an Dingen, Objekten und Materialien aus kontinuierlich wechselnden Perspektiven.

"Areal" ist eine visuell angelegte Topographie. Es erscheinen Geländeübersichten, umherstreifende Blicke auf den Boden, in die Ferne, auf die Gebäude, auf kleine Details. Joachim Brohm richtet seine Kamera auf die Zwischenräume, auf die herumstehenden und liegengelassenen Dinge: Abfall, Baumaterial, Fahrzeuge, vergessene Fotos. Aber im Grunde treten die banalen Protagonisten dieser öffentlichen Bühne schnell in den Hintergrund zugunsten einer struktureller gelagerten Betrachtung: zum Thema werden könnten der heutige Wirtschafts- und Nutzungswandel einst städtischer Industrien, allgemeinere Überlegungen zu Zeit und Vergänglichkeit oder auch nur das sich verändernde Licht der Jahreszeiten. Immer jedoch werden die Bilder Brohms durch eine bestimmte, einzigartige Komposition und Farbästhetik charakterisiert.

"Das groß angelegte Langzeitprojekt von Brohm dokumentiert in meiner ersten Lesart die Veränderung eines Industriegeländes in ein postindustriellen Wohn- und Dienstleistungsareal: in zweiter Lesart spricht es von dauernder, andauernder Bewegung, Veränderung, in der wir uns befinden, vom Transitorischen, vom Fluss des Wirklichen und vom Wandel des Verhältnisses von Wahrnehmung und Wirklichkeit. Und in dritter Lesart spricht es von Joachim Brohm als einem Fremden in der Welt, der versucht, sehr aufmerksam und mit einiger Sorgfalt, ja Delikatesse das Sichtbare dieser Welt zu zeigen. auszubreiten, ohne es gleich auch noch für uns verstehen zu wollen." (Urs Stahel)

Joachim Brohm, seit 1993 Professor für Fotografie an der HGB Leipzig, nimmt seit den frühen 80er Jahren mit seiner Farbfotografie, in der sich amerikanische Einflüsse der 70er Jahre (Stephen Shore, William Eggleston) und Elemente topographisch konzeptionellen Arbeitens (Lewis Baltz, Bernd und Hilla Becher) verorten lassen, eine eigenwillige wie konturierte Position ein. Beständige Klammern seiner präzisen wie gelassenen Betrachtung realer, alltäglicher Umgebungen sind etwa das Verhältnis von Peripherie und Zentrum, die Erscheinungsformen von Freizeit in einer durchorganisierten Warenwelt oder auch die Suche nach Schönheit an der Peripherie der Produktion und im Unrat des Fortschritts.

"Areal" wurde als Ausstellung vom Fotomuseum Winterthur organsiert und war des weiteren im Westfälischen Kunstverein Münster sowie im Stadtmuseum München zu sehen. Das gleichnamige Buch erschien bei Steidl, Göttingen.

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