DIANGO HERNANDEZ: „Amateur“
29.Okt. - 20. Dez. 2003

Nach unserer ersten Ausstellung mit Diango Hernandez (*1970) im Jahr 2001 (zusammen mit seinem Partner Francis Acea als Ordo Amoris Cabinet) zeigen wir nun das umfangreiche, bislang noch nie gezeigte zeichnerische Werk des mittlerweile in Italien lebenden kubanischen Künstlers sowie einige neue Objekte.

„Mama could you give me birth again, I make a mistake“ steht auf ein Blatt getuscht, auf einem anderen übergibt sich ein Mann am Computer: „My race ist sick“ steht daneben. Immer wieder erkennt man das Antlitz Hernandez‘ eingebettet in Dinge und Ereignisse seiner Umgebung, in erträumte Situationen und absurde Zusammenhänge. Der Künstler selbst steht mit Haifischflosse rauchend am Fenster oder hat Füsse und Hände in Wassereimern. Persönliche Slogans wie „Art disappoint us“ erscheinen neben bedeutungsschweren deutschen Begriffen aus Karl Marx-Büchern wie „Kernlosigkeit“ oder „Geist/Masse“. Darauf folgt eine selbstkonstruierte Kanone, dann eine Hand, deren Schattenspiel einen Teufel erkennen lässt, dann eine Unterhose. Und so weiter.

Diango Hernandez entdeckte das Medium Zeichnung für sich erst langsam: anfangs entstanden vor allem Skizzen für Objekte und Installationen, an denen er mit Francis Acea als OAC arbeitete - etwa zu den hier vor zwei Jahren gezeigten selbstkonstruierten Antennen. Das Zeichnen wurde nach und nach zu autonomen, täglichen Arbeit von Hernandez, zunehmend die persönliche Gedankenwelt des Künstlers spiegelnd. Manchmal entstehen zwei, manchmal 50 Blätter am Tag. Zerstört wird nicht eine einzige. „Jeden Tag wurden sie ein grösserer Teil von mir und ich bin mir sicher, dass sie eine Art Verlängerung meines Körpers sind“.

Einfache Projektskizzen, comic-ähnliche Einlagen, impressionistische Farbtupfer, Texte. Mit einfachem und doch genauem Strich erkundet Hernandez sein Hineingeworfensein in eine Welt, deren Banalität und Brutalität ihn zu verstören, aber auch zu amüsieren scheint. Er benutzt jede Art von Papier, die ihm zur Verfügung steht und erlaubt auch krudeste Kombinationen von Techniken und Materialien: Aquarellfarbe, Kugelschreiber, Tinte, Öl, gefundene und aufgeklebte Elemente - alles ist möglich. Die Auseinandersetzung mit der Zeichnung findet sichtbar auf den Blättern selbst statt, zusammen genommen werden sie zu einer sehr persönlichen Werkstatt des Umgangs mit dem Leben, ob es sich vor dem Fenster des Künstlers abspielt oder in seinem Kopf.

Diango Hernandez ist hier, wie auch mit den Installationen von OAC, auf der Suche nach einer ehrlich empfundenen Schönheit des nicht Perfekten, Improvisierten, oder abstrakter gesagt, der Krise. Als kubanischer Dauerzustand bekannt, aber auch jedem anderen in der vergleichsweise perfekten Welt des Westens vertraut, ist ihm diese Art Wahrnehmung ein Mittel, mit den ständig enttäuschten Versprechen auf eine bessere Zukunft umzugehen, auf sie mit Obsession, Humor und Subversion zu reagieren. In diesem Sinne fallen jene Zeichnungen als besonders authentische Zeugnisse auf, auf den Diango Hernandez bei der Ausreise aus Kuba gezwungen wurde, missverständliche Elemente und Texte entweder auszureissen oder zu schwärzen.

Neue, in letzter Zeit entstandene Objekte ergänzen die Ausstellung und übertragen einige Ideen von Diango Hernandez in die dreidimensionale Welt.

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